Ziemlich genau 74 Stunden standen Münchens Pendler:innen im vergangenen Jahr mit ihren Autos im Stau. Das sind nicht nur mehr als drei Tage. München hat sich damit auch wieder einmal als Deutschlands Stauhauptstadt erwiesen. Geht es nach den Erfindern der Ottobahn, wird die Lösung für die Misere aber auch aus der bayerischen Landeshauptstadt kommen: Nach dem bayerischen Herzog Otto I. benannt, will das Startup aus München-Sendling mit „hundert Prozent ottonomen Fahrzeugen die Mobilität revolutionieren.“
Aktuell arbeitet ein 15-köpfiges Team an dem gondelbasierten und vollautomatisierten Transportsystem, das mit einer Kapazität von 30.000 Kabinen pro Stunde für mehr Mobilität in Innenstädten sorgen soll. An einem aufgeständerten Schienennetz hängend, bringen per App angeforderte Kabinen Fahrgäste ohne Zwischenhalt oder Umsteigen an jedes beliebige Fahrtziel entlang der Strecke. Ist das Ziel erreicht, senkt sich die Gondel automatisch, so dass Passagiere ohne Hochbahnhöfe ebenerdig ein- und aussteigen können.
Jede Gondel ein privater Erlebnisraum
„Wir besetzen eine Raum, der heute noch verfügbar ist und damit können wir zusätzliche Kapazitäten in die Stadt hineinfahren. Wir wollen ein neues Angebot schaffen, um Entlastung für die bestehende Infrastruktur sicherzustellen. Wenn viele Ottobahnen in dieser dritten Ebene verkehren, dann müssen weniger Autos, Busse U- und S-Bahnen am Boden verkehren“, skizziert Marc Schindler, Geschäftsführer Technologie und Gründer der Ottobahn, das zugrundeliegende Zukunftsszenario.
Noch zischen die Gondeln der Ottobahn zwar nur als Animation durch München, Berlin und andere Städte. Aber der Blick in die Virtual Reality Brille macht klar, wohin die Reise gehen soll: Luxuriöses Ambiente, individuell bestellte Kabinen mit Wohnzimmeratmosphäre, Beleuchtung, Belüftung und Klimaanlage individuell regulierbar. „Jede Gondel ein privater Erlebnisraum“, bringt Schindler die Ottobahn-Vision in einem Feature des NDR auf den Punkt.
Erster Spatenstich für die Teststrecke
Im Frühjahr steht die Errichtung einer rund 900 Meter langen Test- und Referenzstrecke im Süden Münchens an. „In Bayern denken wir Mobilität schon immer breit und vernetzt. Für einen zukunftsorientierten ÖPNV brauchen wir auch neue und innovative Ideen. Ich freue mich sehr, dass mit dem heutigen Spatenstich für die Teststrecke der Ottobahn eine solche Innovation bald auch ganz praktisch getestet und damit ein möglicher weiterer Baustein für eine CO2-neutrale Mobilität in Bayern erprobt werden kann“, lobte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter das aus privaten Mitteln finanzierte Vorhaben beim ersten Spatenstich im März vergangenen Jahres.
Seither hatte die aufgeständerte Ottobahn aufgrund unterbrochener Lieferketten zwar mehr mit den Mühen der Ebene zu tun, als ihren Erfindern lieb sein konnte – aber nun ist Land in Sicht: Nachdem der Beginn der Bauarbeiten wegen Lieferschwierigkeiten mehrfach verschoben werden musste, soll es im März endlich losgehen.