Interview: Laslo Seyda
Herr von Gehlen, der DENKRAUM25 ist eine Kooperation zwischen ZUKUNFT NAHVERKEHR und dem SZ Institut. Wie kam es dazu?
Dirk von Gehlen: Es gab schon länger eine Verbindung zwischen der Deutschen Bahn und dem SZ Institut. 2024 hatten dann beide Seiten das Gefühl, dass der Diskurs um den ÖPNV dringend neue Impulse braucht – innerhalb der Branche, aber auch in der breiteren Öffentlichkeit. Also haben sich ZUKUNFT NAHVERKEHR und das SZ Institut zusammengetan und im Rahmen des SZ Wirtschaftsgipfels in Berlin im November 2024 erstmals Vertreter:innen des ÖPNV mit Unternehmen, Kommunen, Hochschulen und Medienhäusern zusammengebracht. Aus den Gesprächen sind dann schließlich die Arbeitsgruppen des Denkraum25 entstanden, bei dem wir an konkreten Fragestellungen zur Weiterentwicklung des Nahverkehrs arbeiten.
Um welche Themen geht es denn bei diesen Workshops und wie laufen sie ab?
Dirk von Gehlen: Uns ist vor allem wichtig, möglichst viele Perspektiven einzubeziehen. Dafür vernetzten wir ganz bewusst Stakeholder, die aus organisatorischen oder strukturellen Gründen bislang kaum miteinander ins Gespräch gekommen sind. Diese Menschen arbeiten derzeit auf fünf Themenfeldern: der Wertschöpfung des ÖPNV im Allgemeinen, dem Einfluss auf Handel und Tourismus, der Entwicklung von Städten, der Erschließung suburbaner Räume und dem konstruktive Dialog über die Verkehrswende. Was den Denkraum25 so besonders macht, ist die Kombination aus tiefer inhaltlicher Arbeit und der bewussten Vermeidung tagespolitischer Fragen. Wir diskutieren zum Beispiel ganz bewusst nicht über den Preis des Deutschland-Tickets. Darüber redet die Politik schon genug. Wir fokussieren uns lieber auf Themen, die langfristig Veränderung ermöglichen – etwa die Einbindung von Bürger:innenbeteiligung in kommunale Verkehrsplanung.
Was war die größte Herausforderung im Laufe des Prozesses?
Dirk von Gehlen: Bei vielen Expert:innen aus den unterschiedlichsten Themenfeldern muss man natürlich erst einmal ein gegenseitiges Verständnis entwickeln und eine gemeinsame Sprache finden. Das Moderieren, Übersetzen, Vermitteln und Setzen von Impulsen haben meine Kolleg:innen und ich übernommen, in enger Abstimmung mit dem ZNV-Team. Genauso wichtig ist aber auch ein vertrauensvoller Raum, in dem man sich offen austauschen kann. Ziel des DENKRAUM25 ist es schließlich, über bestehende Muster hinauszudenken – ohne Denkverbote, Branchenlogiken oder die Sorge, direkt für jede Äußerung politisch oder branchenstrategisch vereinnahmt zu werden.
Gab es Entwicklungen, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind?
Dirk von Gehlen: Die erfolgreiche Zusammenarbeit über die Grenzen der einzelnen Disziplinen hinweg war für mich der eigentliche Heureka-Moment. Zu sehen, wie Menschen aus verschiedenen Fachbereichen auf einmal gemeinsam weiterdenken, ihre Ideen sich ergänzen oder sie auf der Suche nach weiteren Akteur:innen dieselben Namen nennen, ist sehr motivierend. Das ist dann wie bei einem Reißverschluss, bei dem ein Zahn perfekt in den nächsten greift. Für mich ist das der Beweis, dass die persönliche Verbindung der Schlüssel für Kooperationen und Innovationen ist. Oft braucht es einfach den unmittelbaren Austausch, um gemeinsame Interessen und Ziele zu entdecken. Ohne diesen ist es schwer, langfristig strukturelle Veränderungen anzustoßen.
Und wie geht es weiter mit dem DENKRAUM25?
Dirk von Gehlen: Theoretisch ist das Format darauf angelegt, auch über das Jahr 2025 hinaus weitergeführt zu werden. Jetzt wollen wir die Ergebnisse aber erst einmal sichtbar machen, zum Beispiel auf Veranstaltungen wie der IAA. Es reicht nämlich nicht, innovative Ideen im stillen Kämmerlein zu entwickeln. Sie müssen auch dort landen, wo Entscheidungen getroffen werden – beispielsweise in Ministerien in Berlin oder bei anderen Stakeholdern. Unser Anspruch bleibt: Wir schaffen Raum und Bühne für neues Denken.



