RegioSignaleBlog: Frau Haber-Schilling, die neue Arbeitgeber-Kampagne der DB steht unter dem Motto „Was ist Dir wichtig?“ und stellt die Erwartungen der Beschäftigten und der Bewerber:innen in den Mittelpunkt. Was ist Ihnen als Personalvorständin bei DB Regio wichtig?
Ulrike Haber-Schilling: Mir ist wichtig, dass wir stets genügend Personal haben, um unsere Leistungsversprechen auf der Schiene und auf der Straße gut zu erfüllen. Und mir ist auch wichtig, dass jeder, der zu uns kommt und bei uns arbeitet, sich wohlfühlt. Dass die Arbeit Spaß macht, die Arbeitsbedingungen passen und Berufs- und Arbeitsleben so unter einen Hut zu kriegen sind, wie sich das jeder und jede wünscht. Und wenn dann noch Stolz hinzukommt, bei DB Regio zu arbeiten, dann ist es das, was ich mir wirklich wünsche.
RegioSignaleBlog: Der Fachkräftemangel bewegt viele Branchen und auch die Mobilitätsbranche. Mit welchen Alleinstellungsmerkmalen kann die Mobilitätsbranche im Wettbewerb um Fachkräfte punkten?
Ulrike Haber-Schilling: Wir haben ein tolles Produkt. Die Mobilitätsbranche ist gesellschaftlich relevant, weil es um Klimaschutz und die Verkehrswende geht. Gerade für junge Leute, die „Generation Z“, aber nicht nur für sie, ist die Frage nach dem Sinn der Arbeit ganz wesentlich. Wofür setze ich mich ein? Welche ökologischen und sozialen Folgewirkungen hat das, wofür ich arbeite? Wer diese Fragen stellt, ist in der Mobilitätsbranche bestens aufgehoben. Für uns als DB Regio kommt hinzu, dass wir auf Straße und Schiene unterwegs sind, also integrierte Mobilität anbieten. Wir wollen mit unseren Zügen, Bussen und On-Demand-Verkehren die Anbieterin für die Alltagsmobilität der Menschen sein. Wir haben eine Vision und wir haben die Angebote und Voraussetzungen, um sie sie wahr zu machen. Wir sind das lebende Beispiel, wie die Mobilität der Zukunft nachhaltig wird.
RegioSignaleBlog: DB Regio hat in den vergangenen Jahren sehr viele neue Beschäftigte an Bord geholt. Damit hat sich auch die Belegschaft verjüngt. Wie wirkt sich das auf das Arbeitsklima und die Unternehmenskultur aus?
Ulrike Haber-Schilling: Bis 2030 werden über 50 Prozent mehr Menschen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden als eintreten. DB Regio rekrutiert in diesem Jahr mehr als 5.000 neue Kolleg:innen. Mit den forcierten Neueinstellungen ändert sich natürlich die Struktur der Belegschaft und damit auch die an einen Bahnberuf geknüpften Erwartungen. Früher ging es vielen um einen sicheren, lebenslangen Arbeitsplatz. Wer zur Bahn ging, blieb 30 bis 50 Jahre. Heute sehen wir eine Betriebszugehörigkeit von rund zehn Jahren bei zirka 50 Prozent der Beschäftigten. Die hohen Verweildauern im Unternehmen nehmen ab. Der Aspekt der Arbeitsplatzsicherheit spielt angesichts des Fachkräftemangels oft nicht mehr die entscheidende Rolle. Enorm wichtig ist es den Mitarbeitenden dagegen, dass sie wertgeschätzt werden und sich einbringen können. In diesen kulturellen Wandel investieren wir sehr viel. Erfolgreiche Mitarbeitendenbindung gewinnt immer mehr an Bedeutung.
RegioSignaleBlog: Die Digitalisierung schreitet voran. Im ÖPNV auf der Straße steht das autonome Fahren bevor, auf der Schiene hat bei der S-Bahn Hamburg auf einer ersten Strecke der hochautomatisierte Betrieb begonnen, in der Instandhaltung und der Disposition werden bereits Methoden der Künstlichen Intelligenz angewendet. Entstehen dadurch ganz neue Berufsbilder im ÖPNV?
Ulrike Haber-Schilling: Sicher, es entstehen auch neue Berufsbilder. Aber vor allem ändern sich die Arbeitsabläufe und Arbeitsinhalte der bestehenden Berufsbilder. Nehmen sie die Pilotstrecke der S-Bahn Hamburg, wo wir bereits hoch automatisiert unterwegs sind. Auch da gibt es noch eine Triebfahrzeugführerin oder einen Triebfahrzeugführer, aber die Aufgabe hat sich hin zur Überwachung der Systeme verschoben. Und auch, wenn wir einmal vollständig automatisiert fahren, muss sich bei Störungen noch jemand in den Führerstand setzen und im Notfall eingreifen können. Oder nehmen sie die KI, die wir in den Leitstellen der großen S-Bahnnetze einsetzen. Das macht die Disponenten nicht überflüssig, aber es unterstützt sie in ihrer Tätigkeit. Dass die Digitalisierung die Berufsbilder weiterentwickelt, wirkt sich dabei nicht nur auf die Arbeit positiv aus. Es hilft auch, Menschen für Bahnberufe zu interessieren, die sonst vielleicht nie auf den Gedanken gekommen wären, dass das etwas für sie sein könnte.
RegioSignaleBlog: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung für die Sicherheit der Arbeitsplätze? Müssen sich die Leute, die bei Ihnen anfangen, angesichts der Digitalisierung Gedanken machen?
Ulrike Haber-Schilling: Schon deshalb nicht, weil wir Fachkräftebedarf haben und weiter haben werden. Alle Kolleg:innen, die heute bei uns sind und die wir die nächsten Jahre rekrutieren, brauchen sich um die Arbeitsplatzsicherheit keine Sorgen machen. Allein schon wegen des demografischen Wandels nicht. Im Übrigen bin ich überzeugt, dass Digitalisierung bzw. Automatisierung helfen wird, den Bedarf an neu einzustellenden Mitarbeitenden zu senken. Nur wenn uns das gelingt, werden wir im Kontext des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels unsere zukünftigen Bedarfe überhaupt noch decken können.
RegioSignaleBlog: In Funktionsbereichen wie dem Fahrgastservice sind Menschen unersetzlich. Aber gerade für Berufe, in denen es unmittelbar um Dienstleistung von Menschen an Menschen geht, lassen sich nur schwer Mitarbeiter:innen gewinnen. Das betrifft nicht nur den ÖPNV, sondern beispielsweise auch Kindergärten oder die Pflege. Haben Sie ein Mittel dagegen?
Ulrike Haber-Schilling: Nein, das habe ich nicht. Ich glaube allerdings, dass wir viele Vorteile gegenüber andern haben: Unsere Leidenschaft, mit Menschen zu arbeiten. Ohne das geht es nicht. Was noch hinzukommt sind die Faszination des Themas Mobilität, der besondere gesellschaftliche Sinn mit Blick auf den Klimaschutz und die Verkehrswende sowie alle Vorteile, die mit der Arbeit in einem großen Konzern verbunden sind. Und nicht zuletzt geht es um einen coolen Markt mit Zukunft und ein Produkt, das alle brauchen. Da mitzumachen und davon ein Teil zu sein, finde ich hoch attraktiv!