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„Wir wollen echten Mehrwert schaffen“

Mit LeipzigMOVE haben sich die LVB als multimodaler Mobilitätsdienstleister neu erfunden. Steffen Palm, Leiter Marktstrategie und Geschäftsentwicklung, hat noch mehr vor.

RegioSignaleBlog: Herr Palm, in der Branche wird zurzeit viel über multimodale Mobilität gesprochen. In Leipzig sind die Fahrgäste längst multimodal unterwegs. Wie haben die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) den Vorsprung herausgefahren? 

Steffen Palm: Wir haben Multimodalität schon 2013 auf die Agenda gehoben und 2015 Leipzig mobil gelauncht. Wir hatten aber auch gute Voraussetzungen. Teil-Auto und Nextbike sind hier große Player und wir haben einen innovativen Taxipartner in der Stadt. Wir hatten also die richtigen Kooperationspartner, um schon 2015 auf den Markt gehen zu können, mit Easy Go aber noch eine reine ÖPNV-App am Start – also der klassische Weg, den viele gehen: Hier die ÖPNV-Welt, da die multimodale Welt. Im Jahr 2020 haben wir die beiden Welten aber zusammengelegt, LeipzigMOVE in den Markt gebracht, die Mobilitätsdienste unserer Kooperationspartner integriert und die One-App-Strategie umgesetzt. Schließlich sind wir DER Mobilitätsdienstleister der Stadt Leipzig und die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen ändern sich nun mal im Laufe der Zeit und des Lebens. Unabhängig davon findet der größte Teil der Mobilität regional statt. Aus diesem Grund ist es auch wichtig, dass wir Lösungen entwickeln, die auch die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen und einen Mehrwert für die Menschen und eine echte Alternative zum Individualverkehr schaffen. 

RegioSignaleBlog: Damit so ein Projekt klappt, muss ein städtischer Nahverkehrsbetrieb aber auch bereit sein, sich neu zu erfinden. Woher kam bei den LVB die Motivation dafür?  

Steffen Palm: Die Motivation entsteht, wenn man über Kundenzentrierung spricht. Das haben wir beim Re-Design gemacht und mit Hilfe von Design-Thinking und anderen modernen Methoden ermittelt, welche konkreten Mobilitätsbedürfnisse unsere Kunden eigentlich haben. Sicherheit wird beispielsweise ganz oft genannt – ob damit eine möglichst geringe Differenz zwischen Soll- und Ist-Fahrplan gemeint ist oder die Menschen möglichst nah an ihrer Haustüre gebracht werden wollen, weiß man aber erst, wenn man nachfragt. Klar ist: Wir wollen echten Mehrwert für die Menschen schaffen. Dazu müssen wir Mobilität von A-Z denken, die letzte Meile einbeziehen und Angebote integrieren, die wirtschaftlicher sind, wie z.B. ein On-Demand-Verkehr, der das Gesamtkonzept ergänzt. Schließlich wollen die Menschen ihr Ziel und nicht irgendeine Haltestelle erreichen. 

RegioSignaleBlog: Haben die Fahrgäste LeipzigMOVE sofort als LVB-Produkt erkannt? 

Steffen Palm: Bei der Positionierung der Marke sind wir anfangs eher von der Seite gekommen. Klar haben wir Anknüpfungspunkte zu unserer Marke geschaffen, das „L“ mitgezogen und auch die Farben – aber wir haben uns erst im Laufe der Zeit eindeutig neu positioniert. Viele waren dann echt überrascht, dass die LVB hinter LeipzigMOVE stecken. Oft hieß es dann, „ach, Ihr seid das“. Mittlerweile ist die App mehr als 400.000 Mal heruntergeladen worden, wir haben bei 625.000 Einwohnern monatlich 150.000 aktive Nutzer und verkaufen aktuell 160.000 Tickets im Monat. Die Zahlen zeigen: Kundenzentriert zu denken und Vorteile für die Kunden zu schaffen, ist der Schlüssel zum Erfolg. 

RegioSignaleBlog: Welche Rolle spielen die Zahlungsmethoden dabei?   

Steffen Palm: Die hinterlegten Zahlungsprozesse und ihre tiefe Integration in unsere Plattform haben sicher zum Erfolg beigetragen. Das war zwar eine Riesenherausforderung, hat sich aber gelohnt, weil die Nutzer alle Mobilitätsdienste der Plattform nun ganz bequem monatlich über uns abrechnen können. Daneben bieten wir aber auch Pay per Use über Zahlungsdienstleister wie PayPal an. Aktuell klappt das zwar noch nicht für multimodale Angebote, aber wir arbeiten daran, das zu ändern. Einerseits, weil wir unseren Kunden die Wahlmöglichkeit bieten möchten. Vor allem aber, weil wir Mobilitätsbudgets in die Plattform integrieren wollen, was wiederum die laufende Abrechnung in Anspruch genommener Leistungen voraussetzt, um unter anderem eine Überschreitung des Budgets auszuschließen. 

RegioSignaleBlog: Eine große Baustelle. Ist schon klar, wann es eine marktreife Lösung geben wird? 

Steffen Palm: Beim Mobilitätsbudget sind wir noch in der konzeptionellen Phase und stehen in engem Austausch mit der BVG, der HVV, mit München und den Wiener Linien. Die arbeiten alle sehr intensiv daran und die BVG ist auch schon mit einer Lösung am Markt. Wir werden vermutlich im nächsten Jahr so weit sein. Ansonsten konzentrieren wir uns vorerst darauf, das Deutschlandticket in LeipzigMOVE zu integrieren und mobil abonnierbar beziehungsweise verwaltbar zu machen, so dass unsere Kunden auch ohne Chipkarte auskommen, wenn sie möchten. 

RegioSignaleBlog: Wie geht es nach der Einführung des Deutschlandtickets weiter? 

Steffen Palm: Wir werden unser On-Demand-Angebot FLEXA vollständig in die Plattform integrieren und via App informieren, ob Park&Ride-Plätze frei sind oder nicht. Beides ist wichtig, um den Menschen aus den Randgebieten der Stadt  den Zugang zu Bus und Bahn zu erleichtern. Außerdem sind zwei vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr geförderte Gamification- und Loyality-Projekte in der Pipeline, mit denen wir die Nutzung des Umweltverbunds in Leipzig  belohnen möchten. Wir haben in diesem Jahr also noch einiges vor. 



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